Abl sieht die Frau noch immer an seinem Bett sitzen, in dem er so lange gelegen ist, sieht sie jetzt aber, als sei sie gedörrt, nicht lebendig und nicht ganz tot, ausgetrocknet, haltbar. Abl geht, ohne in seine Schuhe geschlüpft zu sein, die Treppe hinunter, über den Teppich abgefallener Föhrennadeln, den steinigen Hang hinunter, in die Richtung von Braun, Grau und Gelb, von verwehten Erden, entblößten Felsen und wanderndem Sand. Nur in diese Richtung kann er gehen ohne je stehenbleiben zu müssen. Nur auf diesem Weg hinterlassen seine Füße keine Spuren. Da ist der Wind ganz trocken und die Sonne heiß. Hier können die Gedanken aus dem Körper weichen, und weit über ihm in der Luft kreisen. Hier erhalten die Füße den Schmerz, der den gehenden Füßen zukommt, hier wird sich der Körper in seiner Trockenheit zuhausefühlen. Gefahr droht nur durch den Schlaf, der den Traum zuläßt, der einen anderen Weg weisen könnte. Daher muß das Gehen bewahrt werden, weil es das Wachen schützt, das dem Rastlosen die Unaufhaltsamkeit bewahrt, den Schutz der Besessenheit vor der Besinnung.Abl träumt von einer kleinen blattlosen Pflanze, die nächst seinem Bett in einer Ritze zwischen den Steinplatten wächst, die fast nur aus Wasser besteht. „Nirgendwo Wasser, nur dieser Gestank, der in mir ist, und der mir entweicht, den ich verbreite und der mich vergiftet.“ Kein einziger Muskel gehorcht Abl. Am 29. November beginnt Abl zu glühen. Er glüht trocken vor sich hin und sieht Bäume, die nicht wissen, wie es ist ein Blatt zu tragen, sieht Frauen, die in Bächen schwitzen, und um den Vollmond aus den Achselhöhlen bluten. Er sieht einen leuchtenden Käselaib, der zu Grabe getragen wird, eine Heilige die auf ihm niederkniet und ihn beatmet. Zwischen den zarten Drücken von Luft, die sie ihm spendet, ruft sie seinen Namen in die Nacht hinaus. Dann kniet Abl vor einer weinenden Frau, mit der ihn nichts verbindet als Sehnsucht. Er weigert sich der Vater der 28 hungernden Kinder zu sein. Er ist nicht der Mann, der seine Arme ausbreitet, dabei Flughäute ausspannt, um sich von einer Windbö oder dem Luftstoß eines Zuges wegfegen zu lassen, spürt aber den Schmerz des Aufschlagen seines Kopfes auf den Steinen und das Schürfen der Haut.Abl wird zusammengestellt, angekleidet und mit der Schwester auf die Straße geschickt, um zu sehen, wie sich der Proband verhält unter den Menschen, die mehr oder weniger aus einem einheitlichen Körper bestehen. Wie geht er mit seinen ihm möglicherweise noch nicht vertrauten Gliedmaßen um, wie verhalten sich die Eingeweide in ihrer willkürlichen Zusammenstellung?
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