Die Nacht verbrachte Abl wie fast jede Nacht wachend. Gegen Mittag machte er sich daran, die Halme, die aus dem Blech des Wagens ragten, zu rasieren, schabte dabei viel Lack ab und hinterließ Löcher im Blech, in denen die Halme noch steckten.Man kann sich hinstellen und sagen: Verstehe einer das Schilf! Aber Abl betrachtet es nur und stellt sein Treiben fest. Er rechnet damit, daß ihm die Kraft ausgehen wird, wenn es versuchen wird, die lichtschwache Fläche unter dem Auto zu durchqueren, und sieht nicht voraus, daß es versuchen wird, unter dem Wagen Triebe hervorzubringen. Aber das Schilf nährt sich im fetten Graben gut und kann so das Wachstum seiner Ableger auch in schwierigem Boden betreiben. Es besiedelt die Fläche jenseits und rings um den Wagen. Abl staunt: Triebe von besonderer Schärfe und Steifheit durchbohren den Wagen. Nach wenigen Tagen ragen die Halme aus der Motorhaube, stehen im Wageninneren und entfalten ihre Blätter über dem Dach. Der Wagen ist vielfach gepfählt. Leute aus dem Dorf halten in ihrem Spaziergang inne und lassen das Auto in seiner Schande auf sich wirken. Abls Frau erkennt, daß die Leute fänden, es sei verachtenswert schlampig, seinen Wagen einem wild wuchernden Schilf zu überlassen. Abl findet des Gedanken lächerlich, ein Auto zu pflegen, das er nicht mehr in Betrieb zu nehmen gedenkt, angenehm die Wendung, daß das Schilf das Fahrzeug unwiderruflich festgenagelt hat. Und das Schilf bohrte sich neue Kanäle in Blech und Polsterung und drang selbst durch das schräge Glas.Der Weg hat Schotter. Der Rand geht rund in einen knietiefen Graben. In dem Graben wohnt üppiges Schilf. Es schickt quere Kriechwurzeln nach allen Seiten aus. Wenn es könnte, würde es die ganze Welt besiedeln. Schilfwurzeln schieben sich auch unter den schweren Schotterschütt des Weges. Da der Schotter schwer und der Boden darunter steinhart gefahren ist, treiben nur hie und da kleine Pflänzchen des Schilfs auf dem Weg. Fährt ein paarmal ein Wagen darüber, treten Füße darauf, oder werden Ochsen auf dem Weg getrieben, sterben die Pflänzchen ab.Am allermeisten erinnert sich Abl wie kalt ihm war.
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