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Die Pute, die Schule, und das Gewehr

16

28/2/2017

 

Die Pute hüpfte an der Hand ihrer fetten Mutter, der Glucke, die dumm war und überwältigend freundlich zu allem was ihre dummen Augen sahen. Zwei Wesen wie soeben erwacht; eine der allerseltensten Erscheinungen, seltener noch als die Mondschatten, die bei grellem Sonnenlicht die Schatten der Menschen und der Dinge sanft machen können. 
Die Pute sah mich, und hat von da an nicht mehr aufgehört mich anzusehen; bis sie zu atmen aufhörte. Oft werden Menschen durch Traurigkeiten haltlos, und wer von Haltlosigkeit nichts weiß, ist starken Traurigkeiten noch nicht begegnet. Daß ich nicht ärger wütete, als ich den toten Körper der Mondfarbenen zurücklassen mußte, kann ich mir nicht erklären. Daß mir nur die Schule einfiel, und das Gewehr in die Hände kam mit seinen trostlosen Tröstungen. Daß ich nur Löcher in die Schule schoß, ist unerklärlich.

15

27/2/2017

 

Wenn ich aber Frauen begegnete, war ich ratlos, da ich nicht Augen sah, sondern Mondseen, und nicht geneigt war, Notwendigkeiten zu verrichten, sondern Wunder sehen wollte und vollbringen. Sprechende lächelnde Vogelgeschöpfe in ihrem Kopfgefieder. Das Meer mit seinen wohlschmeckenden schleimigen Geschöpfen voll Jodduft. 

Als ich der Mondfarbenen, der Pute, begegnete, war ich schon über die Frauen hinweg und durch alle hindurchgegangen und von allen enttäuscht. Sie war so natürlich wie Mondlicht für mich, wie Gletscherdünen; immer ein Widerspruch, denn für das Auge war ihre Haut kühl. Die Pute wußte gar nichts von der Welt. Als ich sie sah, wuchs ich in dem Augenblick derartig, daß ich meine Füe kaum noch zu lenken wußte. Mein Augenpaar wuchs zu einem schmerzendstechenden Stirnauge zusammen. Mein Atem quoll als Reif in der Brust, brach aber als Dampf hervor. Mein Wille und mein Hunger aber waren das Schrecklichste, vertrugen sich mit einemmal und waren unzertrennlich, tief wie das Auge und dunkel und brüllend, aber leichtfüßig. 

14

26/2/2017

 

Früher war mein Fragen anders. Es war ein Rausch. Meine Mondsüchtigkeit war ein Fragen; ich meine mein heftiges Verlieben in Frauen.
Wer meine Gedanken hören könnte, würde mich für ein dummes kleines Nichts halten, einen hirnkranken Versager, einen Fehlgeborenen. Nichts von alledem bin ich. Ein Nichts wohl, aber aus anderen Gründen: Ich bin ein Eroberer, und jeder Eroberer scheitert an der Gleichgültigkeit. Ich bin ein Jäger, aus dem nie ein Viehhirt werden kann. Ich kann über Fluten gehen und in Sturzbächen gefahrlos baden, aber die Regentropfen meiden mich. 
Unzählige Frauen habe ich, indem ich eine Engelsgeduld aufbrachte, begattet; aber keine einzige war mir gemäß, oder ist es länger als ein paar Augenblicke geblieben. Wo ich hinkomme, wo ich hinkam, öffneten sich mir die Frauenbeine, aber nichts blieb mir zu tun, was nicht jeder andere hätte besorgen können. So eine Lust verkommt schnell. Die Frauen legen sich hin. Die eine ist blaß, die andere dunkelschwarz zwischen den Beinen. Die meisten ähneln einander dermaßen, daß mir oft war, als beträte ich ein Haus durch die Tür, durch die ich es eben verließ. Nur manche schwollen ein wenig und kündeten ein Gewitter. Viele waren nichts als das Elend der Dürre. Darin kann einer seine Sprache verlieren. Aus Gebärden und den ängstlich wunschvollen Ausdünstungen sollte ich wissen, daß von mir Wunderbares erhofft wurde; daß ich ihre Einsamkeit durchstoßen sollte, wohinter das Wohlgefühl schlummere.

13

25/2/2017

 

Nie aber habe ich die Menschen verachtet oder gar gehaßt, bis jetzt, da ich mich selbst am meisten verabscheue, weil mir gar nichts gelungen ist in meinem Leben und sicher auch nichts mehr gelingen wird, weil ich gar nichts mehr anstrebe. Streng war ich in meinen Betrachtungen zu ihnen, sicher, eben so, wie ein guter Schullehrer seine Kinder schilt, anschwillt vor Zorn, indes aber vor Liebe zu ihnen vergeht. Ich weiß gar nichts. Ich frage mich alles.

12

24/2/2017

 

Der Einsame aber ist der Luft, der Nahrung und selbst dem Regen ein Ekel, das sie zu berühren sich scheuen. In meiner nähe läßt sich kein Spatz nieder, fliegt vielleicht heran, wie ich es oft genug beobachtet habe, will landen, aber fliegt, ohne den Boden oder den Ast berührt zu haben, wieder auf und weiter, denn das ist immer so, daß einer die Nähe derer sucht, die ihm nichts Gutes wollen. Ihnen nähert er sich, läßt sich verscheuchen und geringachten, laßt sich treten und geht Gefahren ein. Die aber, die ihn lieben könnten, meidet er. Kein Mensch - ich jedenfalls nicht - weiß, warum das so ist. Andere machen sich darüber wohl kaum Gedanken. Was soll man sich auch Gedanken machen über Spatzen oder Menschen, wenn man den Tag mit der Arbeit und den Abend vor dem Fernseher verbringt. Die Menschen sind blöd. In ihrer Blödheit und in sonst nichts, sind sie fast vollkommen. 

11

23/2/2017

 

Ich werde nichts von mir geben, nichts aufschreiben, und als Nie-Gewesener von hier gehen. Da niemand in der Lage ist, meine Zeichen zu lesen, wird mein Leben und mein Abgang kein Zeichen einer Auflehnung enthalten. Es gibt Hunderttausende, die sich ihrer Unwichtigkeit bewußt sind, Abermillionen aber, die sich ihrer Unwichtigkeit nicht bewußt sind. Das ist mein und unser Kreuz, daß wir nicht die Aufmerksamkeit und Anerkennung der Gleichgesinnten die der Gesinnungslosen anstreben; vergeblich, aussichtslos.

​Sinnlos raschelt der Baum und wedelt mit seinen Zweigen vor den Augen des Blinden. Der kann ihn nicht sehen. Der spürt die Sonne als etwas Warmes auf der Haut, aber daß dieses Warme auch andere Wangen wärmt und erfreut, und auch die Augen sovieler hellsichtig macht, kann er sich schon nicht vorstellen. Die Menschen sind blöd, und ich bin der Allerblödeste, weil ich andere Menschen brauche, um nicht ganz blöd dazustehen. Einsam kann man mich nennen. Aber wer mich nur einsam nennt, ist schon wieder einer der ganz blöden, denn ich bin so einsam, daß ich erstarre. 

10

22/2/2017

 

Ich bin niemand, weil ich der Prinz bin, der durch seine Unerschrockenheit die Fesseln der Verzauberten abfallen läßt, der, auf den ein wunderschönes Mädchen von unbeschreiblicher Sanftmut und einfachster Einsicht in alle Dinge zugeht, um ihn sich zum Mann zu nehmen. Ich bin um erkannt und auserwählt zu werden. Da sich diese Begebenheiten aber nicht einstellen, bin ich gar nichts. 

​Man hat mich nicht viel verspottet und noch weniger angehört, als ich Löcher in die Schule schoß, man hat sich nicht auf meine Seite geschlagen und sich zu keiner besonderen Bestrafung aufgerafft. Man hat mich nur kurze Zeit ruhiggestellt und wieder hinausgeworfen. Ich habe nicht leiden müssen für meine Idee. Ich bin weniger als ein Regentropfen. Ich kenne alles auswendig, was meine trostlose Existenz begründet, und alle Wege, die Aussichtslosigkeit zu verlassen. Aber auf die verfluchten Exkremente „Unserer Lieben Frau von der Durchschnittsseele“ werde ich spucken, daß ich mein Leben ändern werde. 

9

21/2/2017

 

Hier gibt es nicht Menschen, die so sind, und andere, die anders sind. Alle sind in einer Weise. Man kann nicht eine Vorliebe für die einen oder die anderen entwickeln und sich einer Seite anschließen. Es gibt nur eine Sorte Menschen. Sie tun alle das Gleiche. Das, worin sie sich unterscheiden, ist für mich keine Unterscheidung. Sie öden mich alle an. Daher schaue ich keinen mehr an. Keinem gebe ich mehr eine Antwort. Keiner, für den sich zu leben lohnt. Für mich selbst zu leben lohnt sich sowieso nicht. Ich bin nichts. Ich könnte nur durch einen anderen wer sein. Andere sind etwas durch ihr Automobil, das sie besitzen. Im Aufbrüllen des Motors sehen sie sich, wie sie sich mit ihrem Recht auf die Brust trommeln, um sich hervorzustellen.

     

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